Aktuelle Themen des Deutschen Bundestages

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  1. Das Plenarjahr in Zahlen: Insgesamt gingen im vergangenen Jahr 237 Gesetzentwürfe beim Bundestag ein. Der Bundestag hat 83 Gesetze verabschiedet. 67 Gesetzentwürfe hat davon die Bundesregierung eingebracht. 16 gingen auf eine Initiative des Bundestages zurück. In 45 Aktuellen Stunden debattierte der Bundestag auf Verlangen der Fraktionen über aktuelle Entwicklungen. In zehn Vereinbarten Debatten vertraten die Abgeordneten des Bundestages ihre Meinung zu einem aktuellen Thema – ein Überblick.
  2. Der Bundestag hat am 26. Oktober nicht nur seine reguläre Geschäftsordnung beschlossen, sondern auch eine für dringliche Gesetzesvorlagen. Dahinter verbirgt sich ein Verfahren für den Verteidigungsfall.
  3. Von der handelspolitischen Achterbahnfahrt des US-Präsidenten über den Konflikt in Nahost bis zum russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine: „Wir erleben derzeit eine Krise des Völkerrechts“, sagt die Bundestagsabgeordnete Elisabeth Winkelmeier-Becker (CDU/CSU), Leiterin der deutschen Delegation zur Interparlamentarischen Union (IPU), die vom 4. bis 9. April 2025 zu ihrer Frühjahrstagung in Taschkent in Usbekistan zusammengekommen ist. Die internationale Ordnung zeige gerade viele Bruchstellen. Eine Reihe von Staaten trage die Polarisierung mit ihrer unreflektierten Israel-Kritik in die IPU, sagt Winkelmeier-Becker. Die Schamlosigkeit, mit der manche Staaten ihre Einzelinteressen verfolgten, habe die sachorientierte Zusammenarbeit schwieriger gemacht. Demgegenüber gelte es Organisationen wie die IPU zu stärken, um gemeinsam mit Verbündeten die internationale Ordnung zu schützen. Im Interview spricht Winkelmeier-Becker über den Umgang der IPU mit den aktuellen Krisenherden der Welt, die Herausforderung, auf globaler Ebene Mehrheiten zu finden, und die Möglichkeiten, die ein parlamentarischer Spirit dabei eröffnen kann. Das Interview im Wortlaut: Frau Winkelmeier-Becker, seit Jahrzehnten geht die Weltgemeinschaft überwiegend den Weg engerer Zusammenarbeit und Verrechtlichung, um eine multilaterale, arbeitsteilige Weltordnung zu schaffen, die für mehr Sicherheit und größeren Wohlstand steht. Auf welchen Widerhall trafen bei der IPU-Tagung vor diesem Hintergrund die jüngsten Alleingänge des US-Präsidenten in der Sicherheits- und Wirtschaftspolitik? Was momentan mit der Handelsordnung und dem Freihandel passiert, wurde durchaus thematisiert, beispielsweise in einem Entwurf für eine Dringlichkeitsresolution, das sogenannte Emergency Item, den Argentinien und Chile eingebracht haben. Gerade auch aus der Perspektive ärmerer Länder sind eingespielte und gut funktionierende Handelsbeziehungen existenziell, um ihr Wohlstandsniveau zu halten oder zu verbessern. In dem Entwurf wurde die Kritik allerdings sehr diplomatisch geäußert, ohne die Zollpolitik der neuen US-Führung an den Pranger zu stellen. Der Antrag der Südamerikaner hat jedoch nicht die notwendige Zweidrittelmehrheit erhalten. Anderenfalls hätte man die aktuellen Verwerfungen in der Welthandelsordnung in diesem Rahmen diskutieren und vielleicht mit einer geeigneten Erklärung auf Verbesserungen dringen können. Die regelbasierte, multilaterale Weltordnung ist von vielen Seiten unter Druck geraten. In was für einem Zustand befinden wir uns momentan? Wie reagiert die Weltgemeinschaft der Parlamentarier? Man hat es an dem Dringlichkeitsantrag von Chile und Argentinien gesehen, in dem es um die Zerrüttung der Handelsbeziehungen ging. Aber über die jüngsten wirtschaftspolitischen Turbulenzen darf man auch das aggressive und revisionistische Vorgehen Russlands nicht vergessen. Die internationale Ordnung, auf die sich die Staaten nach dem Zweiten Weltkrieg geeinigt haben, zeigt gerade viele Bruchstellen. Russland vertritt dabei in der IPU sehr offensichtlich seine Interessen, schart Verbündete um sich. Eine Resolution zur Rolle der Parlamente bei der Vermeidung von Schäden durch internationale Konflikte etwa schlägt neben anderen Maßnahmen vor, dass die Parlamente sich für die Anerkennung eines Ökozids als Verbrechen nach internationalem Recht einsetzen sollen; außerdem sollten die Urheber nach völkerrechtswidrigen Angriffen zu einer angemessenen Kompensation verpflichtet werden – gegen beide Themen hat Russland seinen Widerspruch zu Protokoll gegeben. Wir erleben eine gewisse Schamlosigkeit, mit der eigene Interessen verfolgt werden. Vertraglich vereinbarte, Jahrzehnte gültige politische Gewissheiten scheinen sich über Nacht zu pulverisieren… Wir erleben insgesamt derzeit eine Krise des Völkerrechts. Das zeigt sich daran, wie Russland Gebietsansprüche gegenüber seinem souveränen Nachbarland Ukraine gewaltsam durchzusetzen versucht, bislang noch gegen die weitgehend geschlossene Gegenwehr der Staatengemeinschaft, die aber immer noch kein schlüssiges Konzept für ein Tribunal zur Verfolgung von Kriegsverbrechen einschließlich des Verbrechens der Aggression vorgelegt hat. Diese Krise wird auch deutlich, wenn die USA als die bisherige Führungsmacht der internationalen Ordnung in kürzester Zeit aus dem Pariser Klimavertrag oder der Weltgesundheitsorganisation aussteigen und vertragliche Verpflichtungen gegenüber langjährigen Verbündeten in Frage stellen. Kritisch sehe ich auch, wenn der Internationale Strafgerichtshof in Den Haag mit Haftbefehlen die Terrororganisation Hamas und den israelischen Präsidenten Benjamin Netanjahu unreflektiert auf dieselbe Stufe zu stellen scheint. Wir dürfen aber nicht verzagen und uns enttäuscht abwenden, sondern müssen bestehende Organisationen wie die IPU dazu nutzen, für unsere Werte und Positionen zu werben und sie so stärker im Völkerrecht zu verankern. Die Lehre sollte sogar sein, die IPU weiter zu stärken und als Ort des Austauschs zu nutzen. Es ist die Weltgemeinschaft der Parlamentarier. Dort lassen sich auch Verbündete finden. Wir sollten unsere eigene Strategie weiter verbessern, um andere Länder und Ländergruppen für gemeinsame Anträge zu gewinnen. Keiner der Dringlichkeitsanträge hat es diesmal auf die Tagesordnung geschafft… Dabei hätte es wichtige Themen gegeben, zu denen sich die Parlamentarier hätten äußern können! Längst überfällig wäre es, eine Resolution zu den gravierenden Konflikten in Afrika mit ihren unzähligen Opfern zu verabschieden. Es gab deshalb auch Überlegungen unserer geopolitischen Gruppe der „Zwölf Plus“, die Entwicklung auf unserem Nachbarkontinent gemeinsam mit den afrikanischen Ländern in einem Emergency Item aufzugreifen. Statt dessen hat die afrikanische Gruppe dann jedoch zusammen mit arabischen und pazifischen Ländern einen eigenen Entwurf eingebracht, der die Konflikte in Kongo und Sudan, entwicklungspolitische Ziele im Zusammenhang mit dem Klimawandel, aber auch den Nahostkonflikt zwischen Israel und Palästina ansprach und vor allem zu dem letzten Thema sehr einseitige und für uns nicht zustimmungsfähige Aussagen enthielt. So hat am Ende leider niemand etwas Konstruktives erreicht. Keiner der Anträge erhielt im Plenum die notwenige Zweidrittelmehrheit und die Welt hat wieder nicht über Afrika gesprochen. Wir werden aber nicht aufgeben und bei den kommenden Versammlungen erneut versuchen, dieses wichtige Thema auf die Tagesordnung zu setzen. Wo hat es Ihrer Meinung nach gehakt? Wie leider schon bei früheren Versammlungen hat der Konflikt zwischen Israel und den palästinensischen Gebieten beziehungsweise der Hamas erneut auf äußerst polarisierende Weise einen breiten, ja bestimmenden Raum eingenommen und so die Themensetzung beeinflusst. Es gibt, vor allem getragen von den arabischen und afrikanischen Ländern eine sehr einseitige Haltung gegenüber Israel, die sich etwa zeigt, wenn die Mehrheit nicht einmal die Hamas als Urheber des Massakers vom 7. Oktober 2023 benannt haben will. Die Protagonisten dieser Haltung haben in ihrem Entwurf Maßnahmen zum Klimaschutz und zur Konfliktlösung in Afrika mit einem israelkritischen Punkt zur Lage im Nahen Osten zusammengeführt. Dies wurde für viele Delegationen zum entscheidenden Kriterium, für oder gegen die drei Vorschläge für Emergency Items zu stimmen. Ergebnis war, dass kein Entwurf die Hürde genommen hat und zu keinem der wichtigen Themen eine Dringlichkeitsresolution ergehen konnte: weder zum Welthandel, noch zur kritischen Lage der Menschen in Myanmar, die unter der Diktatur und nun zusätzlich unter dem Erdbeben leiden, noch zu den Konflikten in Afrika. Auch die Beratungen einer Resolution zur Zwei-Staaten-Lösung im Nahen Osten wurden entsprechend instrumentalisiert… Ein Emergency Item zu Israel/Gaza wurde auch deshalb kritisch gesehen, weil ohnehin eine Resolution zur Zwei-Staaten-Lösung beraten und letztlich auch verabschiedet wurde. Als deutsche Delegation haben wir hiergegen einen umfassenden Widerspruch eingelegt, unter anderem weil Israel auch hier völlig einseitig kritisiert wurde, die Hamas nicht als Urheber des Massakers und Verantwortliche für den Krieg benannt, die Freilassung der Geiseln zwar erwähnt, aber nicht als klare Voraussetzung gefordert wurde. Wir befürworten eine Zwei-Staaten-Lösung als Ergebnis eines Verhandlungsprozesses, der noch aussteht. Die als Kompromiss zur Befriedung gedachte Verabschiedung der Resolution hielt den Leiter der Palästinensischen Delegation übrigens nicht davon ab, für die nächste IPU weitere Anträge gegen die in seinen Worten „zionistische Kriegsmaschinerie“ anzukündigen. Ist es schwieriger geworden, Mehrheiten zu finden? Die geopolitische Gruppe der „Zwölf Plus“ innerhalb der IPU, der Deutschland und die anderen EU-Länder sowie gleichgesinnte Staaten wie Großbritannien, Norwegen, Kanada, Australien und Neuseeland, weltweit insgesamt 47 Länder, angehören, hat es zunehmend schwer, sich gegenüber anderen geopolitischen Gruppen zu behaupten. In vielen Fragen, beispielsweise wenn es um die Menschenrechte geht, vertreten etwa die afrikanischen, arabischen und eurasischen Staaten andere Standpunkte, die mit unseren europäischen Werten nicht vereinbar sind. Man kann und konnte noch nie davon ausgehen, dass alle unsere Werte teilen und muss daher immer wieder, je nachdem wieviel einem an einem Thema liegt, bis zu einem gewissen Grad Kompromisse eingehen, um Mehrheiten zu finden. Das ist nicht ungewöhnlich – in Parlamenten ebenso wie in jedem gut geführten Verein. Die IPU ist da ein Spiegel der Konflikte der Welt und des Umgangs der Menschen miteinander. Gerade bei Themen wie den Kriegen in Gaza oder in der Ukraine, aber auch bei Fragen wie Gleichberechtigung und Menschenrechten ist das aus unserer Sicht manchmal schwer erträglich. Aber den Parlamentariern kommt schon eine gewisse Vorbildfunktion zu? Ja. Aber wir dürfen auch das Bild der Parlamentarier nicht idealisieren. Alle kommen zur IPU als Länder-Delegationen und vertreten zunächst einmal ihre Länder-Interessen. Nationale Interessen und Beziehungen zu Verbündeten stehen oft im Vordergrund des taktischen Handelns. Es treffen ja in der IPU Vertreter unterschiedlichster politischer Systeme aufeinander. Die meisten sind keine Demokratien wie Deutschland. Andererseits ist manchmal auch so etwas wie ein parlamentarischer Spirit zu spüren, trotz regionaler und nationaler Unterschiede. Wir kommen alle als Parlamentarier zusammen. Das bedeutet, die eigenen Probleme auch einmal aus einer globalen Perspektive zu betrachten. Das politische Spektrum der Delegationen ist außerdem breiter als bei der Zusammenarbeit von Regierungen. Zumeist ist auch die Opposition vertreten. Dieses parlamentarische Treffen bietet deshalb einen flexibleren politischen Rahmen, als offizielles Regierungshandeln. Auf Ebene der IPU, unter Parlamentariern, lassen sich schließlich auch leichter Kontakte knüpfen. Es ist einfacher, Dinge auszusprechen, aufeinander zuzugehen. Wir sollten deshalb nach vorne denken und die Möglichkeiten unterstreichen, die die IPU bietet – statt die Schwierigkeiten zu betonen. Die internationale Vernetzung vorantreiben, neue Partner gewinnen, bestehende Partnerschaften pflegen, aber auch Meinungsverschiedenheiten klären: Unter diesem Motto kommt die deutsche Delegation am Rande der IPU-Tagung immer auch zu bilateralen Treffen mit einzelnen Delegationen anderer Länder zusammen. Der Austausch mit den Delegationen anderer Ländern im Rahmen der sogenannten „Bilaterals“ ist sehr wertvoll. Dieses Format sollte man ausbauen. Auch, um mit anderen Ländern Initiativen vorzubereiten, die dann in gemeinsame Anträge für das Plenum münden. Oft entstehen dort auch Ideen, die dann von den Regierungen aufgegriffen werden. Am Rande der Konferenz haben wir uns beispielsweise mit Kolleginnen und Kollegen aus Großbritannien getroffen und über die Folgen des Brexit gesprochen, über die Folgen für die Handelsbeziehungen, aber auch für Migration. Auch die Unterstützung der Ukraine und künftige militärische Zusammenarbeit waren Themen unseres Gesprächs. Das Thema der Generaldebatte lautete: „Parlamentarisches Handeln für soziale Entwicklung und Gerechtigkeit“. Sie selbst haben in der Generaldebatte gesprochen. Was sind bei dem Thema für Sie die wichtigsten Punkte? Wir haben in der Debatte sowohl die nationale als auch die internationale Dimension von sozialer Entwicklung und Gerechtigkeit diskutiert. So wurden bei der Generaldebatte die unterschiedlichen Interessen reicher und armer Länder bei Gerechtigkeitsfragen thematisiert. In meinem Beitrag bin ich vor allem auf die Verantwortung der einzelnen Staaten für die soziale Sicherheit ihrer Bürgerinnen und Bürger und einige essenzielle Voraussetzungen für mehr soziale Sicherheit und Gerechtigkeit eingegangen. Dazu gehört etwa der Zugang zu Bildung, unabhängig von Herkunft und individuellen Ressourcen, ein progressives Steuersystem, in dem Wohlhabende einen angemessenen Beitrag zum Gemeinwohl leisten, sowie ein funktionierendes Sozialversicherungssystem, mit dem die großen Lebensrisiken wie Altersarmut, Krankheit oder Arbeitslosigkeit abgesichert werden. Dass die Parlamentarier sich über Lösungswege zum Thema soziale Sicherheit und Gerechtigkeit austauschen ist ein wichtiger Ansatz. Ich hoffe, die Delegationen nehmen aus dieser Debatte auch Anregungen mit nach Hause, die sie im Parlament und gegenüber ihren Regierungen realisieren können. (ll/23.04.2025)
  4. Mit tiefem Bedauern haben wir vom Tod dieses außergewöhnlichen geistlichen Oberhaupts erfahren, der mehr als ein Jahrzehnt lang an der Spitze der römisch-katholischen Weltkirche stand. Als erster lateinamerikanischer Papst hat Franziskus die Herzen von Katholikinnen und Katholiken und unzähliger Nicht-Katholiken berührt. Im Namen des Deutschen Bundestages verneige ich mich in Trauer und Respekt vor dem Lebenswerk dieses Papstes. Bereits in den ersten Momenten seines Pontifikats zeigte sich, dass dieser Papst anders sein würde: Franziskus wollte nah bei den Menschen sein, sprach in einfachen Worten und verzichtete auf übermäßigen Pomp. Mit den demütigen Worten „Fratelli e sorelle, buonasera! – Brüder und Schwestern, guten Abend!“ begrüßte er die Welt auf der Loggia des Petersdoms. Sein schlichtes Weiß, ohne Prunkgewänder, und seine Entscheidung, lieber im Gästehaus Santa Marta zu wohnen als im apostolischen Palast, symbolisierten Bescheidenheit und neue Nähe. Papst Franziskus war ein Pontifex, der die Kirche gleichsam „wieder auf die Erde holte“ – ein geistliches Oberhaupt, das Erdung und Menschlichkeit lebte. Stimme der Menschlichkeit und des Gewissens Franziskus war eine Stimme der Menschlichkeit und des Gewissens in einer Zeit großer globaler Umbrüche. Seine Demut – sichtbar in einfachen Gesten, in der persönlichen Zuwendung zu Kranken und Armen – machte ihn glaubwürdig als Autorität des Mitgefühls und der Gerechtigkeit weit über die Grenzen seiner Kirche hinaus. Als Hüter der Lehren seiner Kirche scheute Franziskus nicht davor zurück, diese Lehren im Licht der Gegenwart neu zum Leuchten zu bringen. Er betonte die Barmherzigkeit über die Dogmatik, streckte Ausgegrenzten die Hand entgegen und verkörperte jene cultura del encuentro, die Kultur der Begegnung, für die er stets eintrat. Schon mit der Wahl seines Namens – Franziskus, nach dem Heiligen aus Assisi – gab Jorge Mario Bergoglio ein Programm vor: Er wollte ein „Papst der Armen“ sein, der Schwachen, der Vergessenen, der Vertriebenen. Dieses Versprechen hat er eingelöst. In seinem ganzen Pontifikat erhob er die Stimme für diejenigen, die keine Stimme haben: die Kinder in den Elendsvierteln, die Alten und Einsamen, die Opfer von Hunger, Ausbeutung und Menschenhandel. Franziskus baute Brücken der Versöhnung Papst Franziskus verstand es in einzigartiger Weise, Brücken zu bauen – zwischen Religionen, Kulturen und verfeindeten Parteien. Von Anfang an lag ihm der interreligiöse Dialog am Herzen. Er suchte die Begegnung mit anderen christlichen Konfessionen ebenso wie mit den Weltreligionen außerhalb des Christentums. Den jüdisch-christlichen Dialog förderte er mit warmherziger Freundschaft; zugleich streckte er die Hand aus zu den Muslimen, zu Hindus, Buddhisten und allen Menschen guten Willens. Unvergessen bleibt das historische Dokument der Brüderlichkeit, das er gemeinsam mit einem Großimam unterzeichnete – ein Zeichen dafür, dass dieser Papst die Geschwisterlichkeit aller Menschen über Religionsgrenzen hinweg betonte. Er verkörperte die Hoffnung, dass Religion nicht trennen, sondern verbinden kann. Durch sein Beispiel und seine Worte wurden Vertrauen und Verständnis zwischen den Glaubensgemeinschaften gestärkt. Er baute Brücken der Versöhnung, wo vorher Gräben des Misstrauens waren, und war somit tatsächlich ein globaler Brückenbauer, wie wir ihn nur selten erleben durften. Weltpolitisch bedeutsam bleibt seine Rolle bei der Annäherung zwischen den USA und Kuba: Franziskus förderte diskret den diplomatischen Tauwetter-Prozess zwischen Washington und Havanna und wurde zu einer Schlüsselfigur jener historischen Versöhnung. Sein unermüdlicher Einsatz für Frieden und Versöhnung wird in die Geschichte eingehen. Mit dem Tod von Papst Franziskus verliert die Welt eine herausragende Persönlichkeit – einen großen Papst, einen umsichtigen Hirten und einen mutigen Erneuerer. Franziskus hat die Kirche erneuert, ohne ihre Wurzeln zu kappen; er hat Brücken gebaut, ohne Unterschiede zu verleugnen; er hat gemahnt und ermutigt, getadelt und getröstet. Er war geistliches Oberhaupt, moralische Instanz und wahrhaft ein globaler Brückenbauer. Wir werden ihm ein ehrendes Andenken bewahren. (21.04.2025)
  5. Bundestagspräsidentin Julia Klöckner hat am Montag, 21. April, das Lebenswerk von Papst Franziskus gewürdigt. Franziskus starb am Ostermontag im Alter von 88 Jahren. "Papst Franziskus verstand es in einzigartiger Weise, Brücken zu bauen – zwischen Religionen, Kulturen und verfeindeten Parteien", sagte Klöckner. "Im Namen des Deutschen Bundestages verneige ich mich in Trauer und Respekt vor dem Lebenswerk dieses Papstes."
  6. „Der Europarat ist in seiner schwierigsten Phase seit Bestehen“, sagt Frank Schwabe (SPD), Leiter der deutschen Delegation zur Parlamentarischen Versammlung des Europarates (PVER), die vom 7. bis 11. April 2025 zu ihrer zweiten Sitzungswoche in Straßburg zusammenkam. Gleichzeitig sei der Europarat, in einer Zeit der Orientierungslosigkeit und des Extremismus, mit seinen Werten Hoffnungsort für hunderte Millionen Menschen in ganz Europa. Für viele trete er bei der Durchsetzung der gemeinsamen Werte zu leise auf. Im Interview spricht Schwabe über die Lage in Georgien, in Serbien, auf dem Westbalkan, in der Türkei aber auch in der Ukraine. An die Jugend appelliert der SPD-Politiker, angesichts autoritärer Tendenzen wachsam zu bleiben, sich nicht entmutigen zu lassen und die Zukunft Europas in die Hand zu nehmen. Das Interview im Wortlaut: Herr Schwabe, Massenproteste gegen Regierungen mit autoritärem Habitus oder unter Korruptionsverdacht – in Georgien, in Serbien, in der Türkei. Der andauernde Angriffskrieg Russlands in der Ukraine. Die stille Erosion des Rechtsstaates selbst in EU-Ländern, beispielsweise in Ungarn. Menschenrechte sind vielerorts unter Druck. Es gab schon mal ruhigere Zeiten, oder? Der Europarat ist in seiner schwierigsten Phase seit Bestehen. Und das sage ich mit Bedacht. Die Trumps Europas heißen Vučić, Iwanischwili, Orban, Fico, Le Pen oder auch Weidel. Das ist ein und dieselbe Denke, nämlich: Das Modell einer auf Aufklärung und wissenschaftlichen Erkenntnissen basierenden Demokratie infrage zu stellen. Das ist mit den Werten des Europarats – von Demokratie und der Achtung von Rechtsstaat und Menschenrechten – schlichtweg nicht vereinbar. Der Europarat soll den Staaten Richtung geben. Und er ist dann stark, wenn er konsequent zu seinen Werten steht und sie nicht aufweicht. Er ist mit seinen Werten weiterhin der Hoffnungsort für hunderte Millionen Menschen in Europa. Wenn er von Millionen Demonstrierenden in Tiflis, Belgrad oder Istanbul kritisiert wird, dann ja nicht wegen seiner Werte, sondern weil er in der Vertretung dieser seiner Werte zu leise ist. Mit der Lage in Georgien haben sich die Delegierten während der zweiten Sitzungswoche in einer Dringlichkeitsdebatte befasst. Kann der Europarat den freiheitswilligen Demonstranten in Tiflis angesichts der irritierenden Einmischung Russlands in die Geschicke des Landes irgendwelche Rettungsinstrumente zuwerfen? Wir können keine Länder retten. Wir können nur mahnen, bewerten, aufklären, beobachten und Menschen einen Rechtsschutz bieten, durch das System der Urteile des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte. Wir müssen die Autoritäten in Ländern respektieren, aber wir dürfen uns nicht mit ihnen gemein machen, sondern sie da kritisieren, wo sie zu kritisieren sind. Alles andere macht uns unglaubwürdig und entmutigt diejenigen, die für unsere Werte Gesundheit und Leben geben. Und es macht uns da unsichtbar, wo wir mit unseren Werten sichtbar sein müssen. Die georgische Delegation hat auf eine Teilnahme an der Versammlung verzichtet. Will sich die Führung in Tiflis auf diese Weise den mit der Mitgliedschaft im Europarat verbundenen Verpflichtungen entziehen? So sieht es aus. In Georgien sehen wir eine galoppierende autoritäre Entwicklung. Ständig werden neue Gesetze gemacht, die die Zivilgesellschaft weiter einschränken sollen. Täglich entfernt sich Georgien weiter von der Europäischen Union. Wir haben das in einem Beschluss vom Januar heftig kritisiert und mit Konsequenzen gedroht. Es ist aber nichts besser geworden. Im Gegenteil. Deshalb ist Georgien lieber gar nicht angereist. Welchen Widerhall fanden die Proteste in Serbien und die Lage auf dem Westbalkan in der Versammlung? Dazu war für die Sitzungswoche eine Aktualitätsdebatte beantragt und zu den jüngsten Wahlen in Kosovo ein Bericht vorgestellt worden. Mit George Papandreou war einer der erfahrensten Parlamentarier der Berichterstatter. In der Debatte wurde eine große Besorgnis deutlich, weil vor allem ausgehend vom serbischen Präsidenten der Westbalkan in einer gefährlichen Lage ist. Wer Ländergrenzen entlang ethnischer Zugehörigkeiten, insbesondere in Bosnien und Herzegowina, neu ziehen will, öffnet die Büchse der Pandora und befördert weitere Kriege. Das gilt auch für Kosovo. Kosovo ist eine Realität. Und Kosovo funktioniert als Land. Sie haben Wahlen nach guten internationalen Standards abgehalten – mit einem nationalen Pathos, das nicht jedem gefällt, das aber nicht infrage stellt, dass die Wahlen frei und fair waren. Zum Thema Korruption, gegen die nicht nur in Serbien demonstriert wird, haben Sie einen Bericht vorgelegt: „Respect for the rule of law and the fight against corruption within the Council of Europe“. Welche Botschaft geht von dem Bericht aus? Wir waren von einem schweren Korruptionsskandal als Europarat selbst erschüttert. Als eine Konsequenz werden die Fälle der ehemaligen Bundestagsabgeordneten Eduard Lintner, Axel Fischer und Karin Strenz seit Monaten vor Gericht in München verhandelt. Es gibt den Verdacht der Bestechlichkeit und der Bestechung durch Aserbaidschan. Allein hier reden wir über rund vier Millionen Euro. So etwas darf es nie wieder geben. Jedenfalls müssen wir dafür alles tun. Der Bericht sorgt dafür, dass alle Abgeordneten eine noch größere Transparenz an den Tag legen müssen. Und es wird strenger geprüft. Und es gibt ein Organ, das im Falle von Verfehlungen einen externen Bericht erstellen kann. Außerdem wird die Funktion eines Generalberichterstatters für Ethik und Antikorruption geschaffen. Vor allem müssen wir aber eine Kultur der Antikorruption etablieren. Die Türkei hat die Versammlung in den vergangenen Jahren bereits vielfach beschäftigt. Rechtsstaatlichkeit und Menschenrechte gerieten dort immer wieder unter Druck, Urteile des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte wurden nicht umgesetzt. Wie hat die Versammlung nun, nach der Inhaftierung des Istanbuler Bürgermeisters und den Massenprotesten gegen Präsident Erdoğan, die Lage der Demokratie und der Menschenrechte in der Türkei bewertet? Als höchst schwierig. Die Lage war vorher schon problematisch. Mit der Verhaftung des Istanbuler Bürgermeisters Ekrem İmamoğlu gibt es aber nochmal eine neue Dimension. Bisher war das ganze Wahlumfeld in der Türkei nicht fair. Keine freien Medien, keine freie Zivilgesellschaft, Druck auf die Opposition. Aber es schien trotzdem möglich, dass bei Wahlen die Opposition gewinnt. So war es ja dann auch bei den letzten Kommunalwahlen. Mit der Inhaftierung von Ekrem İmamoğlu will Präsident Recep Tayyip Erdoğan zu offensichtlich denjenigen beiseite räumen, der ihn nach heutiger Lage der Dinge bei den nächsten Wahlen schlagen würde. Die Parlamentarische Versammlung hat das erkannt und seine sofortige und bedingungslose Freilassung gefordert. Noch 2022, in dem Jahr des russischen Überfalls auf die Ukraine, hat der Europarat einen Wiederaufbauplan für die Ukraine beschlossen, der darauf zielt, die Institutionen des Landes zu stärken und die Grundrechte der Bürger zu schützen, indem er die demokratische Regierungsführung und Rechtsstaatlichkeit unterstützt. Wie steht es um dieses Vorhaben? Die Ukraine ist seit dem vollständigen russischen Angriffskrieg auf das Land beständiges Thema des Europarats. So auch bei dieser Parlamentarischen Versammlung. Dabei geht es um ein Sondertribunal, um Putin und seine Helfershelfer zur Rechenschaft zu ziehen, ebenso wie um eine Registrierung der Schäden, um Schadensersatz geltend machen zu können. Die Verpflichtungen der Ukraine selbst stehen nicht so sehr im Mittelpunkt. Das ist ja auch schwierig unter Kriegsbedingungen. Wahlen sind grundlegend für eine Demokratie, können unter den aktuellen Bedingungen aber nicht stattfinden. Der völkerrechtswidrige Angriffskrieg Russlands in der Ukraine und die Menschenrechtsverletzungen russischer Streitkräfte sollen von einem internationalen Tribunal juristisch aufgearbeitet, Opfer entschädigt werden. Der Europarat will mit einem Schadensregister zur Dokumentation von Kriegsverbrechen beitragen. Wie weit ist dieses Vorhaben? Das Schadensregister funktioniert gut. Bereits zehntausende Fälle sind angezeigt. Leider kommen ja täglich neue Fälle dazu. Jetzt geht es darum, aus der Registrierung heraus in eine Entwicklung der Kriterien einer Entschädigung zu kommen. Und in einem weiteren Schritt muss klar werden, woher das Geld kommt, bevor in einem letzten Schritt die praktische Entschädigung folgt. Im Wahlkampf in Deutschland spielte das Thema Migration eine dominante Rolle. Was kann der Europarat dazu beitragen, damit einerseits Hilfe für Menschen in Not und andererseits eine gesteuerte Zuwanderung mit Zugang von dringend benötigten Fachkräften zum Arbeitsmarkt voneinander getrennt behandelt werden? Der Europarat ist darüber genauso gespalten wie alle europäischen Gesellschaften. Wir haben aber in einem viel diskutierten Beschluss deutlich gemacht, dass lange entwickelte internationale Standards nicht einfach so über Bord geworfen werden dürfen. Geflüchtete haben Rechte. Zum Beispiel darauf, dass ihr Gesuch geprüft werden muss. Herr Schwabe, angesichts der vielen Krisenherde, die sich momentan auftun und bei denen vielfach auch der Europarat gefragt ist: Wie schaffen Sie es als Delegationsleiter, aber auch als erfahrener Parlamentarier, Außen- und Europapolitiker, bei Ihrer Arbeit die Orientierung zu behalten? Ich spüre diese Verunsicherung, die ja nicht nur Deutschland, sondern viele europäische Staaten erfasst hat, ja auch. Das hat Gründe. In Osteuropa andere als in Westeuropa. Gemeinsam ist, dass alte Zwänge, aber auch alte Gewissheiten weggefallen sind: zu wissen, wer und wo man ist, wie es weitergeht. Im Osten gab es klare Vorgaben, gegen die bei Strafe durch den Staat nicht verstoßen werden durfte. Im Westen waren es eher Zuordnungen in einer an Klassen orientierten Gesellschaft und einem auf das unmittelbare Umfeld bezogenen Lebensumfeld. Das hat eingeengt, aber auch Orientierung gegeben. Das alles zerfällt oder ist zerfallen – verbunden mit mehr Freiheit, aber auch mit Orientierungslosigkeit. Das machen sich Extremisten zunutze, die im Kern unsere Demokratien durch Autokratien ersetzen wollen. Darauf muss man mit Abscheu, aber auch mit Klarheit blicken. Der Kampf ist nicht verloren. Die Mehrheit will, dass wir demokratisch sind, dass alle gleich vor dem Recht sind und dass ihre Rechte vor der Obrigkeit geschützt werden. Darum geht es, darum ringe ich jeden Tag. Und dabei bin ich keineswegs allein. Wie ermutigen Sie, als Repräsentant einer Organisation, die für grundlegende Werte unseres Lebens in Europa einsteht, die jungen Leute angesichts der schwierigen Lage in vielen Ländern? Geben Sie ein paar Stichworte! Die Europäische Jugendbildungsstätte Magdeburg wurde gerade für ihre Jugendarbeit ausgezeichnet – für ihre „herausragende Art, sich für Demokratiebildung, Menschenrechte und internationale Kooperation zu engagieren“. Ich trete dafür ein – die alte und die neue Bundesregierung tun das auch –, dass wir der Jugend eine Stimme geben. Diejenigen, die sich im Rahmen des Europarats engagieren, vertreten unsere Werte, klar und ungefiltert, ohne diplomatische Kompromisse. Deshalb eine klare Botschaft für die Jugend: Ihr entscheidet, in welche Richtung sich unser Land und damit auch das Europa des Europarats wendet. Reist in andere Länder, sucht den Austausch, kämpft für eure Reisefreiheit! Lasst sie euch nicht nehmen! Nutzt eure Reichweite in den sozialen Medien! Erzählt die Geschichten eures Engagements für Menschenrechte und Demokratie! Lest Bücher über die Vergangenheit, über die Entstehung des Europarats und darüber, was das mit der deutschen Geschichte zu tun hat. Bleibt wachsam und lasst euch nicht entmutigen! (ll/16.04.2025)
  7. Zu den ersten Beschlüssen, die der Bundestag in der neuen Wahlperiode gefasst hat, zählt der Beschluss über die Weitergeltung der Geschäftsordnung für den Gemeinsamen Ausschuss (21/1). Regelmäßig übernimmt das Parlament in seiner konstituierenden Sitzung nach Bundestagswahlen vier Geschäftsordnungen, die bereits in der vorhergehenden Wahlperiode gültig waren. Neben der Geschäftsordnung für den Bundestag selbst sind das die Geschäftsordnungen für den Vermittlungsausschuss von Bundestag und Bundesrat, die Geschäftsordnung für dringliche Gesetzesvorlagen im Verteidigungsfall nach Artikel 115d des Grundgesetzes – und eben die Geschäftsordnung für den Gemeinsamen Ausschuss. Der Begriff „Gemeinsamer Ausschuss“ führt in die Irre, denn trotz dieser Bezeichnung handelt es sich bei dem Gremium nicht um einen Ausschuss des Bundestages. Vielmehr ist er eine Art Notparlament, das sich zu zwei Dritteln aus Abgeordneten des Bundestages und zu einem Drittel aus Vertretern der Bundesländer zusammensetzt. Der Artikel 53a des Grundgesetzes, der den Gemeinsamen Ausschuss beschreibt, bildet wie die Artikel zum Bundestag und zum Bundesrat einen eigenen Abschnitt in der Gliederung des Grundgesetzes. Der Gemeinsame Ausschuss hat also den Rang eines obersten Bundesorgans. Feststellung des Verteidigungsfalls Ins Grundgesetz aufgenommen wurde der Artikel 53a im Zuge der Notstandsgesetze, die vom Bundestag während der ersten Großen Koalition am 30. Mai 1968 verabschiedet wurden (5/1879, 5/2873, 5/2917). Ebenfalls ins Grundgesetz aufgenommen wurde damals der Abschnitt über den Verteidigungsfall (Artikel 115a bis 115l). Im zweiten Absatz des Artikels 115a findet sich dann auch die Regelung, wann der Gemeinsame Ausschuss tätig werden soll: wenn „die Lage“ unabweisbar ein sofortiges Handeln erfordert und einem rechtzeitigen Zusammentritt des Bundestages unüberwindliche Hindernisse entgegenstehen oder der Bundestag nicht beschlussfähig ist. In dieser Situation ist es Aufgabe des Gemeinsamen Ausschusses, den Verteidigungsfall festzustellen. Das bedeutet, dass das Bundesgebiet mit Waffengewalt angegriffen wird oder ein solcher Angriff unmittelbar droht (Artikel 115a Absatz 1). Die Bundesregierung muss die Feststellung des Verteidigungsfalls beantragen, und beschlossen werden muss sie mit einer Zweidrittelmehrheit der abgegebenen Stimmen, mindestens aber mit der Mehrheit der Mitglieder des Ausschusses. Der Gemeinsame Ausschuss wird nur aktiv, wenn der Bundestag selbst aus den genannten Gründen nicht oder nicht schnell genug handlungsfähig ist. Liegen diese Gründe nicht vor, ist es Aufgabe des Bundestages, den Verteidigungsfall festzustellen. Bundestag muss verhindert oder beschlussunfähig sein Bevor der Gemeinsame Ausschuss den Verteidigungsfall feststellen kann, muss er daher etwas anderes feststellen: dass dem rechtzeitigen Zusammentritt des Bundestages unüberwindliche Hindernisse entgegenstehen oder dass dieser nicht beschlussfähig ist. Diese Feststellung muss ebenfalls mit Zweidrittelmehrheit der abgegebenen Stimmen, mindestens aber mit den Stimmen der Mehrheit der Mitglieder getroffen werden (Artikel 115e). Der Gemeinsame Ausschuss darf weder das Grundgesetz ändern noch es ganz oder teilweise außer Kraft oder außer Anwendung setzen. Er darf allerdings seine eigene Geschäftsordnung ändern oder im Einzelfall mit Zweidrittelmehrheit davon abweichen – allerdings erst, wenn er zuvor den Verteidigungsfall festgestellt hat. Erst 33 Mitglieder, jetzt 48 Mitglieder Ein Jahr nach der Verfassungsänderung, am 2. Juli 1969, verabschiedete der Bundestag eine Geschäftsordnung für den Gemeinsamen Ausschuss, der der Bundesrat am 10. Juli 1969 zustimmte (5/4349, 5/4509). 22 Abgeordnete und elf Ländervertreter sollten den Gemeinsamen Ausschuss bilden (einschließlich Berlins zählte die alte Bundesrepublik elf Bundesländer). Als nach der deutschen Vereinigung fünf neue Länder hinzukamen, vergrößerte sich der Gemeinsame Ausschuss: Der Bundesrat war nun mit 16 Mitgliedern vertreten, der Bundestag mit 32 Abgeordneten. Insgesamt stieg die Mitgliederzahl also von 33 auf 48. Am 20. Dezember 1990, 18 Tage nach der ersten gesamtdeutschen Bundestagswahl, wurde die Geschäftsordnung in der konstituierenden Sitzung des 12. Deutschen Bundestages entsprechend geändert. Der Bundesrat stimmte der Änderung am 1. März 1991 zu. Stärkeverhältnis der Fraktionen Letztmals geändert wurde die Geschäftsordnung am 27. Mai 1993 mit Zustimmung des Bundesrates am 9. Juli 1993. Zuvor war vorgeschrieben, dass der Gemeinsame Ausschuss von seinem Vorsitzenden mindestens zweimal jährlich zu Informationssitzungen einberufen wird. Nach der Änderung hieß es, dass der Vorsitzende den Gemeinsamen Ausschuss nur dann einberufen muss, wenn der Bundespräsident, der Bundeskanzler oder sechs Mitglieder des Ausschusses es verlangen oder wenn der Bundestag außerstande ist, den Verteidigungsfall festzustellen (Artikel 115a Absatz 2 des Grundgesetzes). Die 32 Abgeordneten des Bundestages, die dem Ausschuss angehören, setzen sich entsprechend dem Stärkeverhältnis der Fraktionen zusammen. Sie dürfen nicht der Bundesregierung angehören. Das Grundgesetz spricht hier ausdrücklich von „Fraktionen“, obwohl dem Bundestag immer wieder auch fraktionslose Abgeordnete angehört haben und angehören. Bundestagspräsidentin als Vorsitzende Demnächst wird der Bundestag festlegen müssen, welche Abgeordneten er in dieser Wahlperiode in den Gemeinsamen Ausschuss entsendet. Dazu werden die Fraktionen Vorschläge vorlegen, über die im Plenum abgestimmt wird. Ein Mitglied steht bereits fest: Bundestagspräsidentin Julia Klöckner wird dem Gemeinsamen Ausschuss kraft Amtes angehören und auch den Vorsitz übernehmen (Paragraf 7 Absatz 1 der Geschäftsordnung). Stellvertretender Vorsitzender wird ein Mitglied des Bundesrates, wobei durchaus mehrere stellvertretende Vorsitzende möglich sind. Der Gemeinsame Ausschuss tagt nichtöffentlich. Aus der Geschäftsordnung des Bundestages übernommen wurde die Möglichkeit, dass Abgeordnete, die dem Ausschuss nicht angehören, als Zuhörer an den Sitzungen teilnehmen können – es sei denn, der Bundestag beschließt bei der Einsetzung der Ausschüsse, das Zutrittsrecht auf die ordentlichen Mitglieder und deren Stellvertreter zu beschränken. Kanzlerwahl durch den Gemeinsamen Ausschuss Dagegen ist der Bundespräsident berechtigt, an allen Sitzungen teilzunehmen. Anwesend sein dürfen auch die Mitglieder der Bundesregierung, ja, sie können sogar dazu verpflichtet werden, wenn der Ausschuss dies verlangt. An geheimen Beratungen des Ausschusses sowie an den Informationssitzungen dürfen dagegen nur die ordentlichen Mitglieder und deren Stellvertreter teilnehmen. Der Ausschuss hat aber die Möglichkeit, anderen Personen die Teilnahme an seinen Sitzungen zu erlauben. Beschlussfähig ist das Gremium, wenn mehr als die Hälfte der Mitglieder oder der Stellvertreter anwesend ist. Beschlossen wird mit der Mehrheit der abgegebenen Stimmen, außer das Grundgesetz sieht etwas anderes vor. Das gilt etwa für den Fall, dass der Gemeinsame Ausschuss dem Bundeskanzler das Misstrauen ausspricht, indem er einen Nachfolger wählt. Dafür wäre eine Zweidrittelmehrheit erforderlich. Eine einfache Mehrheit genügt, wenn der Gemeinsame Ausschuss auf Vorschlag des Bundespräsidenten einen neuen Bundeskanzler wählt (Artikel 115h des Grundgesetzes). (vom/14.04.2025)
  8. Die Bundesbeauftragte für den Datenschutz und die Informationsfreiheit Louisa Specht-Riemenschneider (links) hat am Donnerstag, 10. April, Bundestagspräsidentin Julia Klöckner ihren Tätigkeitsbericht 2024 übergeben. Specht-Riemenschneider blickt darin auf die aktuellen Herausforderungen für einen ermöglichenden Datenschutz und verteidigt die Informationsfreiheit.
  9. Er war Fraktions- und Parteivorsitzender, Kanzleramtsminister, zweimal Bundesinnenminister und acht Jahre Bundesfinanzminister – Wolfgang Schäuble hat in seiner mehr als 50-jährigen politischen Karriere viele Ämter übernommen. 2017 wurde der Jurist zum 13. Präsidenten des Deutschen Bundestages gewählt. Er gehörte dem Bundestag 51 Jahre und 13 Tage an.
  10. Norbert Lammert war von 2005 bis 2017 Präsident des Deutschen Bundestages, zuvor war er bereits drei Jahre lang Vizepräsident. Der CDU-Abgeordnete aus Bochum gehört dem Parlament von 1980 bis 2017 an.